Die ganze Welt der Produktivität und Organisationsstrategie spricht immer wieder von einem Prinzip, das David Allen in seinem hervorragenden Buch „GETTING THINGS DONE“ (GTD) vorstellt und ich dir auch gleich zu Beginn dieses Blogs wärmstens ans Herz legen möchte. Du solltest es lesen, denn es ist ein guter Start, um sich wichtige Grundprinzipien des Selbstmanagements bewusst zu machen. Und wie so oft ist das Schaffen eines Bewusstseins für dieses Thema der erste Schritt für deine Weiterentwicklung. Wenn dir das Original weniger wichtig und du die deutsche Übersetzung bevorzugst, findest du das entsprechende Buch hier.
Wie das grundsätzlich mit Ratgebern so ist, geben sie mir zwar einen Rat, aber tatsächlich habe ich in der Welt der 1000 Möglichkeiten dann doch nicht so richtig konkrete Vorstellungen, wie ich die vorgestellten Prinzipien in meinen Alltag integrieren kann.
Ich habe die Inhalte dieses Buches aufmerksam gelesen und mit kritischer Würdigung vielfach auf die Probe gestellt, vieles übernommen und auch vieles an meine Arbeitsweise angepasst und ein ganz persönliches Fazit gezogen. Viele Inhalte dieses und auch folgender Blogs zum Thema Produktivität beziehen sich auf die Ergebnisse meines Umgangs mit „GTD“.
GTD: Das Prinzip.
David Allen versteht, dass du in der heutigen Zeit von verschiedenen Aufgaben (Tasks) und Terminen überrollt wirst. Ständig gibt es neue Informationen und zusätzliche Aufgaben. Tatsächlich ist dein Kopf dadurch so sehr damit beschäftigt nichts zu vergessen, dass du gar nicht mehr dazu kommst, dich effizient mit den Inhalten deiner Themen auseinanderzusetzen. Natürlich gerät dadurch ständig etwas in Vergessenheit und die Ausarbeitung der Inhalte ist wegen dieses stetig bestehenden Dilemmas häufig ebenfalls optimierungsbedürftig.
In GTD wird ein Organisationsprinzip vorgestellt, das sich genau dieser Herausforderung stellt. Es verfolgt das Ziel, dich zu organisieren, indem du deine Aufgaben und Termine schriftlich sammelst und anschließend terminierst, sodass du dich rasch wieder den Inhalten deiner Tätigkeiten und der Erfüllung deiner Aufgaben widmen kannst. Zusammengefasst findet diese Arbeitsweise in 5 Schritten statt:
- Sammeln der Aufgaben
Immer wenn eine neue Aufgabe an mich herangetragen wird, gilt es, diese so schnell wie möglich schriftlich niederzulegen. Dadurch soll mein Kopf frei sein, um mich wieder inhaltlich der eigentlichen Tätigkeiten widmen zu können und nicht ständig daran denken zu müssen, dass noch eine neue Aufgabe hinzu gekommen ist.
Dieser Sammelort ist bei mir natürlich unter der Verfolgung des papierlosen Büros elektronisch. Es gibt hier tatsächlich 1000 Möglichkeiten, wo du deine Eingänge sammeln kannst. Mittlerweile findest du unfassbar professionelle Task-Manager und Organisationssysteme für Computer und elektronische Devices. Diese haben sich im Laufe der letzten Jahre ausgesprochen weiterentwickelt und können nach persönlichem Gusto verwendet werden. Ich werde wohl im Laufe der folgenden Blogs noch viele solcher Task-Manager mit ihren Vor- und Nachteilen vorstellen und so kannst du dir dann ein persönliches Bild von den einzelnen Systemen machen. Tatsächlich verwende ich aktuell wegen vieler Gründe den Google Taskmanager „Keep“, den ich in einem der folgenden Blogs ganz genau mit dir unter die Lupe nehmen werde.
In der Verwendung von elektronischen Taskmanagern sehe ich allerdings nicht nur größte Möglichkeiten, sondern eben auch größte Gefahren, denn sobald diese Systeme wirklich alles können, um mich zu unterstützen, laufe ich natürlich Gefahr, zu organisieren um zu organisieren und die einfache Erledigung der Aufgaben kann schnell in den Hintergrund geraten. Da werden Bildchen ins Layout integriert, individuelle Farbkonzepte erstellt, Textarten verändert und weitere „Spielereien“ an den Tag gelegt, die nur eines zur Folge haben: ich mache meine Arbeit nicht, sondern lenke mich nur ab. Ist ja auch viel angenehmer, sich um Titelbilder als um Inhalte zu kümmern, oder?
Also mein Fazit: ja, ein (Post-) Eingang festzulegen und als Grundlage für meine Organisation zu nutzen ist richtig und wichtig; ja, es sollte ein einfach zu bedienendes System sein und zunächst auch bestenfalls wirklich für die Sammlung aller eintrudelnden Aufgaben und Informationen zur Verfügung stehen; aber nein, ich möchte mich nicht um Kopf und Kragen organisieren und meine Zeit damit verbrennen, mich mit unnötigen Layouts zu beschäftigen. Tatsächlich handelt es sich für mich um einen (elektronischen) Kasten auf meinem Schreibtisch, in welchen ich alle Papiere zunächst hinein werfe, um sie später zu sortieren. Als dieser Kasten früher tatsächlich für Papier auf meinem Schreibtisch stand, habe ich diesen auch nicht bunt beklebt und mit verschieden farbigen Stiften bemalt. Tatsächlich habe ich also mit „Google Keep“ ein System, das nicht viel Systempflege benötigt, sodass der „zeitsparende“ Effekt meines GTD-Prozesses nicht bereits im ersten Schritt zunichte gemacht wird.
- Verarbeiten der Aufgaben und Informationen
Zu einem gut gewählten Zeitpunkt meiner Wahl -oder besser: meiner festen Tagesorganisation- werden die gesammelten Punkte in meinem Posteingang verarbeitet. Ok, ich gebe zu, dass ich in unvorhergesehen ruhigen Momenten von meiner festen Tagesorganisation abweiche, mir Google Keep vornehme und bearbeite. Grundsätzlich versuche ich aber, nicht ständig wieder in diesen Taskmanager zu gehen und immer und immer wieder zu checken, was alles drin ist. Das würde wohl auch das gesamte System in Frage stellen.
In diesem Arbeitsschritt stehen im originalen GTD-Konzept verschiedene Fragestellungen im Vordergrund, die dabei helfen sollen, die einzelnen Punkte zu verarbeiten. Abgesehen von der Entscheidung, ob diese Information von mir überhaupt bearbeitet werden müssen, stellen sich weiterhin die Fragen, wer dieses Thema überhaupt bearbeiten muss, welche Folgen die Bearbeitung hat, ob es die Größe einer tatsächlichen Projektierung hat, usw.
Häufig ist diese Kategorie auf ein spezielles Thema oder Projekt bezogen. Andere kombinieren dieses Kategorie mit dem Eisenhower-Prinzip, das ich dir in einem gesonderten Blog vorstellen möchte, aber für mich als starres System nicht wirklich Sinn gemacht hat und deshalb aus meinem Konzept verschwand.
- Die Organisation
In dieser Phase sollen in Abhängigkeit von Punkt 2 die einzelnen Aufgaben organisiert werden. Hier kommt es abermals zu einer Zuteilung. Diese ist im Original in unterschiedliche Sektionen unterteilt („Nächste Aktion“, „Projekte“, „Warten auf“, „Eventuell“, „Kalender“, „Referenzen“).
Dieser Punkt der „Organisation“ ist mir deutlich zu kompliziert. Er führt schnell dazu, dass mein GTD-Konzept rasch zusammenfällt, weil ich mich offensichtlich immer wieder viel zu lange hiermit aufhalte und schließlich organisiere, um zu organisieren. Aus diesem Grunde sehe ich die einzelnen Organisationspunkte nicht dogmatisch, sondern passe sie immer wieder ein Stück weit an meine sich entwickelte Arbeitsweise an. Das ist dann abhängig davon, welche Projekte gerade laufen, wie viele Projekte am Start sind usw, usw. Somit kann ich dir kein festes Alternativkonzept beschreiben. Es ist halt wirklich „dynamisch“.
Unter uns gesagt ist Punkt 3 mit der „Organisation“ auch der perfekte Punkt für vertrauensvolle Zuarbeiter/innen. Hier gilt es also bestenfalls einen Profi an meiner Seite zu haben und mir diesen Punkt des „Selbstmanagements“ ein Stück weit abnehmen zu lassen. Aber eines ist klar: Delegation kann schwierig sein und hier trennt sich dann rasch die Spreu vom Weizen.
- Re-evaluation
Organisation ist ein kontinuierlicher und ausgesprochen dynamischer Prozess. Dies impliziert, dass ich regelmäßig meine Aufgaben durchgehe und überprüfe, ob es die definierten Prioritäten und den Zuteilungen noch immer aktuell sind. Dieser Punkt darf aus meiner Sicht nicht länger als 5 bis maximal 10 Minuten am Tag dauern (für die tägliche Re-evaluation) und diese Aufarbeitung im Rahmen der Re-evaluation erscheint auch nicht in meinem Kalender, sondern ist eine Selbstverständlichkeit meines Arbeitsalltags, sodass ich hier keine großen Gedanken verschwenden muss. Ich setze diesen Punkt grundsätzlich ans Ende meines Arbeitstages. Sollte sich in der Zuteilung von Prioritäten etwas ändern, kann ich somit -je nach Wichtigkeit/ Dringlichkeit- bereits in die Organisation meines nächsten Tages eingreifen. Keinesfalls platziere ich diesen Punkt in den frühen Morgenstunden, sonst wäre ich konsequenterweise gezwungen oder zumindest versucht, den Arbeitstag noch am selben Morgen komplett umzuorganisieren….keine gute Idee.
- Erledigen
Definitiv zu erledigende Punkte erscheinen in meinem Google Kalender. Je nach Größe der Aufgabe und eventueller Projektzugehörigkeit erscheint die Aufgabe als geblockter Termin, damit ich auch tatsächlich Zeit habe, die Umsetzung konsequent und ohne Störung zu verfolgen.
Einer der größten Fehler ist es, hier mehr oder weniger auf die Minute genau die Unterpunkte eines Projektes oder gar mehrerer Projekte zu hinterlegen, um diese dann konsequent in den Zeit-Slots verfolgen zu wollen. Viel sinnvoller ist es aus meiner Sicht, den Projekttitel im Kalender mit entsprechender Zeit zu hinterlegen, um somit thematisch fokussiert zu sein, aber inhaltlich nicht die Variabilität zu verlieren. Natürlich gibt es auch hiervon Ausnahmen, aber grundsätzlich verfolge ich es mit dem Konzept der „Projekttitel“. Wenn ich schneller voran komme als geplant und weitere Aufgaben innerhalb des Projektes bekannt sind, kann ich hieran auch einfach weiterarbeiten, ohne meinen Tagesablauf vollkommen umorganisieren zu müssen. Ein wunderbares Gefühl!
Und anders herum ist zu bedenken, dass ich als Arzt in der Akutmedizin aufgrund nicht planbarer Themen (Notfälle etc.) häufig unterbrochen werde und sich meine Termine dadurch rasch verschieben. Das sprengt dann unverschuldet das gesamte Konzept und zwar umso mehr, je deutlicher ich meine einzelnen Aufgaben in Zeitslots hinterlegt habe. Natürlich ist das auch keine Katastrophe, doch andererseits habe ich:
- Vollkommen unnötig deutlich mehr Zeit für die Organisation meiner minutengenauen Planung verbrannt, anstatt meine Arbeit zu erledigen
- Ein ausgesprochen frustrierendes Gefühl, wenn ich immer wieder und wieder anerkennen muss, dass ich meine Arbeit nicht geschafft habe, weil unabwendbare Einflüsse von außen meinen Arbeitsablauf stören
- Die erneute (und damit mehr oder weniger doppelte) Arbeit der Organisation, um die nicht erfüllten Punkte zu erledigen.
Mein Fazit:
Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, erwischen ich mich schnell dabei, dass ich gerne organisiere und plane. Das liegt daran, dass Planung und Organisation „nicht weh tut“. Es handelt sich hierbei wohl mehr um ein angestrengt wirkendes Gesäusel und man kann tatsächlich ohne zu lügen berichten, dass es alles furchtbar kompliziert ist und die Gesamtplanung wirklich eine große Herausforderung darstellt. Ja, stimmt. Sicher ist das so. Herzlichen Glückwunsch.
Tatsache ist aber auch, dass ich meine Ziele nicht durch stete Selbstorganisation erreiche, sondern indem ich konsequent an den Inhalten dieser Ziele arbeite und Arbeit umsetze. Tatsächlich ist dies zuletzt auch der einzige Punkt, an dem wir gemessen werden. Niemand sagt bei nicht getätigter Arbeit: „Hey, toll organisiert! Vielen Dank!“. Viele sind dann enttäuscht, weil sie sich selbst in die Tasche lügen und behaupten, die Organisation sei so viel Arbeit gewesen und das Umfeld sei undankbar, weil man diese Arbeit nicht anerkenne. Mein Tipp: lüge dir nicht selbst in die Tasche und geh die Arbeit stringent an anstatt dich in Organisationsphilosophien zu verlieren. So versuche ich es auch.
Und wenn du menschlich bist, dann wird dich dies immer wieder vor Herausforderungen stellen, weil es Kraft kostet und wirklich anstrengend ist. In diesem Fall möchte ich dir eine meiner Grundregeln an die Hand geben, die dir immer wieder bewusst machen, dass es normal ist, wenn es etwas schmerzt, denn:
Deine Arbeit soll etwas bewirken und damit verändern und Veränderung beginnt immer erst da, wo es weh tut.
Ich freue mich auf deine Anregungen und Kommentare. Du hast Ideen für ein Thema im Rahmen des nächsten Blogs, Fragen oder Vorschläge? Dann kontaktiere mich gerne via Twitter oder Mail.
Bis dahin,
Sebastian.
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