Wie lange benötigen deine Zuhörenden wohl, um zu entscheiden, ob sie einem vermeintlich guten oder einem schlechten Speaker zuhören? Und wovon ist das wohl abhängig?

Wenn du dich in die Lage eines Zuhörenden versetzt, dann wirst du schnell feststellen, dass die Antwort auf die Frage erschreckend sein kann. Unfassbar schnell, in wenigen Sekunden, entsteht ein mehr oder weniger komplettes Menschenbild im Kopf der Zuhörenden. Und dieses Bild basiert meist auf ausgesprochen wenigen und meist unterbewussten Informationen. Schnell ziehen Zuhörende mehr oder weniger detaillierte Rückschlüsse durch Verwertung erster Eindrücke, die abgesehen von Körperhaltung und Kleidung im Wesentlichen auch die Stimme beinhalten. Rasch zieht das Publikum also sogar auch Rückschlüsse von der Stimme auf die Kompetenz. Worauf du aus meiner Sicht beim Einsatz deiner Stimme achten solltest, beschreibe ich in diesem Blogbeitrag.

Du hörst dich anders als deine Umwelt. Das wird dir meist erst so richtig bewusst, wenn du dich selbst in einer Tonaufnahme sprechen hörst. Insbesondere zu Beginn ist diese Erfahrung oft ein wenig befremdlich und viele mögen auch nicht wirklich gern, was sie da gerade hören. Und dennoch handelt es sich hierbei um genau das, was deine Umwelt mehr oder weniger täglich hören muss, wenn sie dich sprechen hört. Der Grund für den wahrgenommenen Unterschied liegt darin, dass du deine eigene Stimme über die sogenannte Knochenleitung hörst, während deine Umwelt deine Stimme durch die Luftleitung wahrnimmt. Diesen Unterschied wirst du niemals abtrainieren können, sodass es hilfreich ist, dich im Rahmen von eigenen Stimmerfahrungen und Stimmtrainings immer wieder und wieder selbst aufzunehmen und anzuhören, um einen realistischen Eindruck für deine Stimme zu erhalten und eben genau das zu hören, was deine Zuhörenden jeden Tag zu hören bekommen: deine tatsächliche Stimme!

Deine Stimme ist das Ergebnis vieler verschiedener Einflussfaktoren. Die aus meiner Sicht wichtigsten habe ich dir hier zusammengefasst.

Körperhaltung. Wenn du ab sofort auf den Einsatz des Instruments der Stimme achtest, dann wirst du dies nicht nur bei dir, sondern auch bei deinem Umfeld tun. Nimmst du die Stimme deiner Gegenüber bewusst wahr und beobachtest dabei die Körperhaltung der sprechenden Person, wird dir schnell ein wesentlicher Zusammenhang klar werden, da genau diese Körperhaltung in Verbindung mit einer selbstbewussten Stimme ganz anders sein wird als die Körperhaltung eines Speakers, der gerade zum ersten Mal vor einem Publikum steht und tief verunsichert ist. Deine Stimme ändert sich genau wie deine Körperhaltung auch wenn du glücklich oder ausgesprochen traurig bist. Genauso wirst du wesentliche Veränderungen in der Stimme sehen, wenn du Speaker beobachtest, die sehr motivierend und enthusiastisch wirken.

Deine Rücken-, Brust- und Bauchmuskulatur haben in Abhängigkeit ihres Einsatzes einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkung deiner Stimme und somit spiegelt deine gesamte Körperhaltung eine wesentliche Grundlage für den Klang und die Wirkung deiner Stimme wider und sollte entsprechend eingesetzt werden, um deiner Stimme dem Inhalt entsprechenden Ausdruck zu verleihen. Ich bemühe mich aus diesem Grunde also, auf der Bühne aufrecht und selbstbewusst zu stehen, um meine Stimme effektiv einsetzen zu können und dem Publikum von Beginn an zu zeigen, dass ich „etwas zu sagen“ habe.

Die richtige Atmung. Als große Herausforderung hinsichtlich der Stimme empfinde ich die richtige Atmung, denn häufig sind gerade ungeübte Speaker auf der Bühne noch ausgesprochen aufgeregt, nervös oder gar verängstigt. In diesem Fall neigt man dazu, schnell aufgeregt, alarmierend und sogar unangenehm zu klingen. Somit stellt es eine große Herausforderung dar, trotz aufgeregter Grundstimmung auf der Bühne zu stehen und „in den Bauch“ zu atmen, was unweigerlich zu einer Beruhigung der Stimme und damit zu einem angenehmeren Klang führt.

Indifferenzlage. Allerdings ist nicht nur die Atmung ein wesentlicher Faktor, um eine angenehme Stimme zu bilden. Vielmehr gilt es auch, bewusst die richtige Tonhöhe anzustreben und eine entspannte und eher tiefe Tonlage, die sogenannte Indifferenzlage, zu nutzen. Diese Indifferenzlage lädt Zuhörende dazu ein, den Worten des Speakers zu folgen ohne gestresst zu sein. Apropos gestresst: in Stresssituationen neigen wir dazu, angespannter zu sprechen. Es gibt mehr „Druck“ auf den Kehlkopf und wir verlassen die tieferen Tonlagen und kommen in einen Bereich, der durch mehr Höhen in der Stimme im Wesentlichen gestresst, unruhig und auch rasch hektisch klingt. Menschen, die dauerhaft in dieser Stimmlage sprechen, lösen in mir persönlich mehr oder weniger schnell einen Fluchtreflex aus, weil eben genau diese Tonlage nicht gut über einen längeren Zeitraum zu ertragen ist. Der Stress in der Stimme überträgt sich förmlich auf das mich oder eben auf das Publikum. Dieses Stadium ist nur noch durch die hohen Tonlagen, oder gar die sogenannte Kopfstimme, als Negativbeispiel zu übertreffen. Stehen Speaker auf der Bühne und neigen dazu, die Kopfstimme während des Vortrags als „Standard“ zu nutzen, wirken sie rasch nicht ernsthaft oder schlimmstenfalls sogar ein wenig lächerlich. Diese Tonlage gilt es unter allen Umständen kategorisch zu vermeiden, was sicherlich trainiert werden muss, wenn man sich zuvor über Jahre hinweg angeeignet hat, diese Tonlage als „Standardhöhe“ zu verwenden.

 

Fazit:

Deine Stimme ist ein wichtiges Instrument auf der Bühne, dass wie jedes andere Instrument beübt werden will. Das praktische Stimmtraining mit einem Profi ist hierfür natürlich Goldstandard. Wer soweit nicht gehen will, sollte regelmäßig Tonaufnahmen machen und seine eigene Stimme im Einsatz auf der Bühne anhand dieser Aufnahmen bewerten und trainieren. Neben der richtigen Körperhaltung gilt es, auf die (Bauch-)Atmung zu achten und eine angenehme tiefere Tonlage, dis sogenannte Indifferenzlage, zu treffen, wodurch dem Publikum Ruhe und Kompetenz vermittelt wird.

Über die heute beschrieben Aspekte deiner Stimme hinaus gibt es noch weitere wichtige Punkte im Einsatz deiner Stimme und deiner Sprache, die du als Speaker auf jeden Fall beachten solltest. Hierzu gehören die Akzentuierung der Inhalte deiner Worte durch den bewussten Einsatz der Melodie in deiner Stimme, der richtigen Betonung und auch des individuell angepassten Tempos. Aber hierzu mehr in einem der folgenden Blogbeiträge.

Wenn du dich mit dem großen und spannenden Thema deiner Stimme näher befassen möchtest, empfehle ich dir das Buch Sprechen wie ein Profi von Monika Hein.

Hast du Fragen, spezielle Erfahrungen oder Kommentare zu den Inhalten dieses Blogbeitrags? Ich freue mich auf deine Rückmeldung über die sozialen Medien oder via Mail.

Bis dahin,

Sebastian.