Zu Zeiten der Coronakrise stellt sich die Frage, ob und wer genau von der Pneumokokkenimpfung profitieren würde. Da man mehrfach mit dieser Frage auf mich zukam, beleuchte ich dieses Thema etwas genauer in diesem Blogbeitrag.
Hier findest du mein entsprechendes YouTube Video
Faktencheck:
1. Die Ständige IMPFKOMMISSION (STIKO)
Die STIKO ist ein Gremium unabhängiger Experten, das regelmäßig Empfehlung für Impfungen in Deutschland herausgibt. Hier ist die Pneumokokken-Impfung ohnehin bereits empfohlen. Schaut man sich die Empfehlungen genauer an, kann man grob in drei große Gruppen unterteilen:
- Die Gruppe für die Grundimmunisierung, also Säuglinge ab dem 2. Lebensmonat
- Die Bevölkerung ab dem 60. Lebensjahr und
- Die Risikogruppen, die man wiederum in drei Gruppen unterteilen kann
- Patienten mit Immunerkrankungen oder unter immunsuppremierender Therapie
- Patienten mit chronischen Erkrankung, beispielsweise der Atemwege oder des Herzens
- Patienten mit erhöhtem Risiko für eine Pneumokokken-Meningitis, z.B. Solche mit einliegendem Cochlea-Implantat oder einer Liquorfistel
2. Impfstoffe
Für die Impfung stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung. Säuglinge sollen grundsätzlich mit einem Konjugatimpfstoff geimpft werden. Konjugatimpfstoffe sing gegen maximal 13 Pneumokokkenstämme wirksam. Für Erwachsene hingegen ist der 23-valente Polysaccharid-Impfstoff empfohlen. Die Zahl 23 vor der Bezeichnung bedeutet, dass der Impfstoff tatsächlich gegen 23 Pneumokokkenstämme wirksam ist. Zwar sind über 90 Pneumokokkenstämme bekannt, doch wissen wir auch, dass nur 23 Pneumokokkenstämme für über 90 % der Pneumokokken-Infektionen verantwortlich sind und somit der weitaus größte Teil der klinisch wirksamen Infektionen durch den Wirkstoff abgedeckt ist.
Derzeit ist der der Standardimpfstoff rar geworden. Aus diesem Grunde wird entgegen der eigentlichen Praxis zeitweise auf einen Konjugatimpfstoff zurückgegriffen. Zwar sind im Falle des 13-Konjugatimpfstoffes statistisch auch über 70% der durch Pneumokokken verursachten Infektionen abgedeckt, doch ist der Wirkstoff weniger wirksam als das 23-valente Pendant.
3. Studienlage zu Pneumokokkenimpfung und COVID-19
Profitieren Patienten wirklich von einer vorherigen Pneumokokken-Impfung?
Natürlich gibt es derzeit keine Studienlage zum Thema Pneumokokken-Impfung und COVID-19, die beweisen würde, dass unsere Patienten tatsächlich von einer solchen Impfung profitieren. Hierfür ist das SARS-CoV2-Virus einfach zu neu.
Dennoch macht es wohl Sinn, bis zum Zeitpunkt vorliegender Studienergebnisse sich Daten anderer viraler Erkankungen, wie beispielsweise der Influenza, zu Nutze zu machen, und das Prinzip auf COVID-19 Patienten zu übertragen. Von Influenza-Patienten wissen wir, dass solche Patienten immer für eine bakterielle Superinfektion gut sind und sich das Outcome unserer (Intensiv-)Patienten dadurch verschlechtert. Die Zeit wird zeigen, ob unsere COVID-19 Patienten tatsächlich von einer Pneumokokken-Impfung profitieren.
Natürlich hat eine Pneumokokken-Impfung auch unerwünschte Nebenwirkungen. Abgesehen von Rötungen und Schmerzen im Bereich der Einstichstelle kann es auch zu allgemeinen Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Fieber kommen. Insbesondere in der jetzigen Zeit der SARS-CoV2 Pandemie ist es also wichtig, die vor allem innerhalb der ersten drei Tage nach Impfung auftretenden Nebenwirkungen zu kennen und nicht sofort an eine SARS-CoV2 Infektion zu denken.
Fazit:
- Die Pneumokokkenimpfung ist ohnehin von der STIKO empfohlen:
- Im Rahmen der Grundimmunisierung für Säuglinge ab dem 2. Lebensmonat
- Für die Bevölkerung ab dem 60. Lebensjahr
- Für definierte Risikogruppen.
- Aktuelle Daten, die ein besseres Outcome für COVID-19 Patienten nach Pneumokokkenimpfung belegen, gibt es derzeit nicht.
- Wer sich derzeit für eine Pneumokokkenimpfung entscheidet,
- darf eine mögliche Impfreaktion mit Allgemeinsymptomen insbesondere innerhalb der ersten drei Tage nach Impfung nicht mit einer COVID-19 Infektion verwechseln;
- muss damit rechnen, dass aktuell der eigentliche Standardimpfstoff nicht erhältlich ist und auf einen Ersatzimpfstoff zurückgegriffen wird, der gegen weniger Pneumokokkenstämme wirksam ist.
Die Zeit wird zeigen, ob unsere Patienten wirklich von einer Pneumokokkenimpfung profitieren.
Mit diesem LINK findest du die aktuellen Informationen zum RKI zum Thema Schutzimpfung & Pneumokokken.
Wenn du Fragen oder Anmerkungen zu diesem Blogbeitrag hast, dann freue ich mich über deine Nachricht über die Sozialen Medien oder gern auch via Mail.
Bis dahin,
Sebastian.
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