Auch wenn es weh tut: Niederlagen gehören dazu. In jedem Beruf. In der Notfall- und Intensivmedizin können Niederlagen besonders bitter sein. Für alle Beteiligten.
Ich habe eine Art Konzept, mit Niederlagen umzugehen. Und dieses Konzept besteht prinzipiell aus 3 grundlegenden Faktoren:
Punkt 1: Niederlagen eingestehen.
Ich habe mir zur Hauptaufgabe gemacht, egal wann, egal wo, egal in welchem Kontext, Niederlagen einzugestehen. Und das ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach, denn Niederlagen tun weh. Und weil der Mensch, also du und ich, grundsätzlich dazu tendieren, Schmerzen aus dem Weg zu gehen, sehen wir so häufig Menschen, die sich Niederlagen eben nicht eingestehen wollen, denn die Vermeidung des Schmerzes ist nur allzu verlockend. Versteh’ ich. Gut sogar. Allerdings kann ich nur aus Niederlagen lernen und an ihnen wachsen, wenn ich sie nicht wegdiskutiere, nihiliere oder einfach „schön“ rede und erfinderisch Gründe finde, weshalb ich jetzt keine Niederlage erlebt haben soll. Diese Grundeinstellung hat mit der Akzeptanz zu tun, dass Niederlagen weh tun, jedem zu jeder Zeit passieren können und einfach dazu gehören. Es geht um die Erkenntnis, dass wenn man sich den Niederlagen stellt, das Potenzial erwächst, den Rest seines Lebens durch die Erfahrungen und den daraus gezogenen Lehren insgesamt weniger Niederlagen erleben zu müssen.
Punkt 2: Niederlagen und die Konsequenzen strukturiert aufarbeiten
Niederlagen sind nicht umsonst, wenn wir die erlebten Erfahrungen nutzen, um hieraus zu lernen. Ich bin überzeugt davon, dass die Aufarbeitung strukturiert erfolgen muss. Das bedeutet, dass ein „Grundkonzept für Aufarbeitungen“ die absolute Grundlage ist, um wirklich aus Niederlagen lernen zu können. Privat und beruflich. Die Analyse sollte meines Erachtens nicht allein im stillen Kämmerlein ablaufen. Klar kann man damit starten, aber im Verlauf sollte das Geschehene mindestens im 4-Augen-Prinzip erfolgen. Vier Augen sehen mehr als zwei und wenn dein Gegenüber gut ist, wird er kein Ausweichen, keine Ausrede, kein Entkommen aus den geforderten Eingeständnissen erlauben. Und wenn die Analyse fertig ist, dann erfolgt zwingend und unabdingbar eine Konsequenz, denn wenn ich hieraus keine Konsequenzen ziehe, dann wir dasselbe bald wieder passieren und die erste Niederlage tat nicht nur weh, sondern war auch noch vollkommen umsonst. Und genau das gilt es ja zu verhindern.
Punkt 3: Jeden Tag wirklich das Beste geben.
Niederlagen lassen sich viel besser eingestehen und man kann deutlich entspannter daraus lernen, wenn man anschließend vor dem Spiegel steht und sich sagen kann, dass man das Beste gegeben hat. Jeden Tag. Keine Ausreden, kein faules Schlendern. Wenn etwas passiert, obwohl ich wirklich konzentriert gearbeitet- und mein Bestes gegeben habe, dann ist es passiert.
Aber wenn ich genau weiß, selbst wenn es nur im innersten Inneren ist, dass ich nicht das Beste gegeben habe, Themen ausgewichen bin, Dinge nicht aufgearbeitet habe, es habe schlendern lassen, dann ist es wirklich schwer, sich -wie in Punkt 1 beschrieben- Niederlagen einzugestehen. Und warum ist es so? Weil es dadurch plötzlich keine sachliche Frage der Niederlage ist, sondern zu einer Frage der Schuld wird, die sich sonst nicht stellt.
Diese kurzen Gedanken und Einblicke dürfen und sollen ein Denkanstoß sein, wie man mit Niederlagen umgehen kann. Natürlich muss man das nicht so machen. Man kann es so machen. Jeder hat seine Art Konzept im Umgang mit Niederlagen; oder auch nicht…!
In unserer (deutschen) Kultur ist es nicht üblich, über Niederlagen zu sprechen. Es gehört nicht zum guten Ton. Niederlagen sind -im Gegensatz zu anderen Regionen- hierzulande nicht die Chance zu lernen, sondern werden als etwas schlechtes angesehen. Vielleicht durchbrechen wir diese Gedanken ein wenig gemeinsam. Und ein kleiner Beginn kann ja dieser Beitrag sein.
Und damit dieses Prinzip für uns, für unsere Patienten, für unsere Nächsten, weiter verfolgt werden kann, würden mich auch deine Konzepte im Umgang mit Niederlagen sehr interessieren.
Vielleicht gingst du ein paar Denkanstöße oder Rückmeldungen über die Sozialen Medien?
Ich würde mich sehr darüber freuen.
Also, denk daran: Niederlagen gehören dazu! Kopf hoch und mach‘ was draus!
Sebastian.
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